Die Minsker Nachrichtenagentur veröffentlichte einen Artikel zum Runden See 2022, welchen wir aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt haben.
Originalartikel: https://minsknews.by/kak-lager-krugloe-ozero-rushit-soczialnye-barery-i-pomogaet-raskryt-potenczial-lyudyam-s-invalidnostyu/
Wie das Zeltlager Runder See soziale Barrieren abbaut und Menschen mit Behinderungen hilft, ihr Potenzial zu entdecken
Das Sommer-Integrationslager „Runder See“ bringt ganz unterschiedliche Menschen zusammen, damit sie sich sowohl geistig als auch körperlich im Rahmen des Zeltlagers erproben können. Einzelheiten finden Sie in dem Artikel des Korrespondenten der Minsker Nachrichtenagentur.
Der Schwerpunkt des Zeltlagers liegt auf dem Zusammenhalt und der gegenseitigen Unterstützung. Diese sind eine Basis für ihre Teilnehmer:innen. An dem Projekt können Menschen zwischen 18 und 35 Jahren mit und ohne körperliche Behinderungen teilnehmen.
Eine Teilnehmerin ist vor kurzem aus dem Camp zurückgekehrt und hat sich bereit erklärt, uns mehr über den Runden See zu erzählen.
– Wie viele Menschen wurden diesmal im Zeltlager aufgenommen?
– Insgesamt sind etwa 50 Personen im Camp untergebracht, darunter Freiwillige und Trainer:innen.
– Wofür waren die Freiwilligen und Trainer:innen zuständig?
– Die Trainer:innen gaben Aufgaben (Methoden) vor, die wir durchführten – es lag in ihrer Verantwortung, das Bildungsprogramm durchzuführen. Die Freiwilligen waren für die Zubereitung der Mahlzeiten und für unseren allgemeines Wohlbefinden zuständig.
– Wie haben Sie die Freizeit der Teilnehmer:innen des Runden Sees 2022 organisiert?
– Fast die gesamte Zeit wurde für das Bildungsprogramm genutzt. Aber manchmal konnten wir ein Lagerfeuer machen, an dem wir uns unterhalten, spielen und uns einfach aufwärmen konnten. Tagsüber, in der freien Stunde nach dem Frühstück oder Mittagessen, konnten wir uns entspannen, uns frei auf dem Gelände bewegen, auf dem Steg sitzen oder im See schwimmen.
– Bei welchen Aktivitäten haben Sie die meisten Erfahrungen gesammelt?
– Ich denke, es waren die Herausforderungen, die mit körperlicher Aktivität und Risiko verbunden waren, wenn man rennen, springen oder etwas Schweres tragen musste. Beeindruckt war ich auch von den Methoden, die eine aktive Zusammenarbeit innerhalb des Teams vorsahen. Für einige Aufgaben haben wir praktisch den ganzen Tag gebraucht.
– Wie wurden die Aufgaben der Teilnehmer:innen während des Programms verteilt?
– Wenn eine Methode erklärt wurde, machten die Teilnehmer:innen sofort Vorschläge, wer sie „steuern“ würde. Die anderen vertrauten voll und ganz darauf, dass ihre Teamkolleg:innen ihnen sagten, wie sie vorgehen sollten, und dass sie das Team führen würden.
Laut Angelina wachten die Teilnehmer:innen um 8:00 Uhr auf, frühstückten, hatten eine Stunde freie Zeit und begannen dann mit dem Bildungsprogramm, das um 22:00 Uhr endete. Zu den Pausen gehörten Mittagessen, Abendessen, Freizeit und eine „Abendparty“ mit Teamauftritten mit Liedern, Tänzen, Gedichten, Stand-Up und anderer Unterhaltung. Für die allgemeine Abendunterhaltung wurden ein Thema und ein Format festgelegt. Nach einem gemütlichen Beisammensein am Lagerfeuer gingen die Teilnehmer:innen schlafen.
– Wie kommt man ins Camp?
– Man muss ein Online-Formular ausfüllen. Dann wird man von den Organisator:innen kontaktiert.
– Wurde die Verpflegung von den Veranstalter:innen organisiert oder brachten die Teilnehmer:innen des Runden Sees etwas zu essen mit?
– Freiwillige bereiteten dreimal am Tag Essen für uns zu, das sehr lecker war.
Was die Wasserversorgung angeht, so erklärte Angelina, dass man zwar duschen könne, aber nur mit Seewasser. Im Camp gab es auch eine Campingsauna.
– Was waren Ihre Eindrücke, als Sie nach Hause zurückkehrten?
– Totales psychologisches Reset. Es war, als wäre ich in einem Film über eine kleine Welt mit der Natur, einer Gruppe von Menschen mit ihren Geschichten und einer aktiven Kommunikation zwischen allen. Das Gefühl, ein ganzes Leben in 10 Tage packen und leben zu können. Ich habe im Camp so viele verschiedene Emotionen erlebt, dass ich immer noch dabei bin, alles zu verdauen, was passiert ist. Nirgendwo habe ich so viele Sterne, so magische Sonnenauf- und -untergänge gesehen wie dort. Ich habe gelernt, dass der Höckerschwan ein ziemlich aggressiver Vogel ist und kneifen kann, wenn er sich bedroht fühlt.
– Glauben Sie, dass es den Teilnehmer:innen gelungen ist, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen?
– Ja, natürlich. Durch Kommunikation teilen die Menschen ihre Erfahrungen auf die eine oder andere Weise. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Person eine Behinderung hat oder nicht. Ziel des Projekts ist es, den Teilnehmer:innen zu helfen, sowohl ihre eigenen psychologischen Barrieren als auch die Barrieren zu überwinden, die im Alltag zwischen Menschen mit und ohne Behinderung bestehen. Außerdem die Schaffung von Bedingungen für eine offene und möglichst freie Kommunikation zwischen ihnen.
– Haben Sie auf dieser Reise etwas gelernt, war sie nützlich?
– Sie teilte mein Leben buchstäblich in ein Vorher und ein Nachher. Ich habe einige unglaublich interessante Menschen kennengelernt und viel über mich und die Welt gelernt. Ich wurde entspannter, offener, entschlossener und mutiger. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, lange Zeit im Freien zu sein. Ich habe erlebt, wie es ist, im Wald zu leben und jeden Tag in kaltem Wasser zu baden. Ich lernte, dass es verschiedene Eigenheiten bei Menschen gibt, und erkannte, dass es möglich ist, mit allem fertig zu werden und das Leben in vollen Zügen zu genießen.