Bericht Runder See 2011


Am 11. August war es wieder soweit, das mittlerweile 13. Integrative Zeltlager „Krugloe Osero“ (Runder See) unserer Partnerorganisation Rasnye-Ravnye (Verschiedene-Gleiche) nahm seinen Anfang; wie immer in einer Garagensiedlung im Osten von Minsk. Der Beginn war durch jahrelange Routine professionalisiert: Materialien aus der Garage in einen LKW laden; Überführung von Freiwilligen und Materialien mit LKW und mehreren Autos in den Wald ans Ufer des Pleschinitzer Stausees ca. 60 km nördlich von Minsk; Alles wieder ausladen.


Damit nach diese ersten Schritte das Lagerleben richtig beginnen konnte, musste selbstverständlich zu erst die Küche gebaut werden. Nur so konnte die Verpflegung der Freiwilligen sichergestellt werden. Für den Bau wurden Bäume, Latten, Zeltplanen und jede Menge Schnur verwendet. In den nächsten vier Tagen wurde die Küche um eine behindertengerechte Toilette, eine Dusche, eine Sauna, einen Sitzkreis für 50 Menschen und drei Armeezelte – jeweils eins zum Schlafen, als Lagerraum und für die Kantine – ergänzt.


Während noch die letzten Handgriffe angelegt wurden rollte auf einmal ein riesiger Reisebus über die von Schlaglöchern durchzogene Waldstraße: Die Teilnehmer waren angekommen. Und auf einmal verwandelte sich das Lager von einer Geisterstadt in eine Art Rummelplatz. Diejenigen der Teilnehmer die eins hatten, stellten ihre bunten Zelte auf. Alle anderen wurden in 6-Personen-Zelten untergebracht, die zu diesem Zweck erst letztes Jahr angeschafft wurden waren. Plötzlich war das gesamte Lager mit Leben erfüllt. Doch viel Zeit blieb den Teilnehmern nicht zum Ankommen. Sobald die Zelte standen und von der Natur auf ihre Regenfestigkeit geprüft wurden waren, versammelten sich alle am so genannten Carrée. Dort wurden sie von Vadim, dem Vorsitzenden von Raznye-Ravnye, und den drei Teamerinnen, die das Programm leiteten, begrüßt.


In den nächsten zehn Tagen gab es dann ein sehr abwechslungsreiches Programm unter dem Oberthema: „Meine Rolle in der Gesellschaft“. Dieses Thema war in die Teilbereiche „Ich und Ich“, „Ich und die Anderen“ und abschließend „Ich und die Gesellschaft“ aufgeteilt. Bearbeitet wurde das Thema mit den unterschiedlichsten Methoden. Traditionell hatte das pädagogische Konzept im Vergleich zum Vorjahr einige Veränderungen erfahren. Dieses Mal wurde den Teilnehmern mehr Freiraum und damit auch Verantwortung bei der Gestaltung des Programms gegeben. Dies geschah mit dem Ziel, zum einen die Fragen zu bearbeiten, die die Teilnehmer auch wirklich interessieren und zum anderen ihre Kompetenzen, selbstständig mit Gruppen zu arbeiten, zu stärken. Zum Beispiel hatten die Teilnehmer die Möglichkeit selbstständig Workshops zu leiten und bekamen verschiedene kognitive und physische Aufgaben, die sie in Kleingruppen lösen mussten. Durch die stärkere Eigenverantwortung für das Programm sollten die Teilnehmer motiviert und ermutigt werden, selbst in aktiv öffentlichen Organisationen zu arbeiten und so mit persönlichem Einsatz an der Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Position bzw. der Position ihrer gesellschaftlichen Gruppe mitzuwirken.


Alle Beteiligten waren so beschäftigt, dass niemand bemerkte wie schnell die zehn Tage verflogen und auf einmal stand Pavel mit Musikanlage im Kofferraum zwischen den Bäumen um die Abschiedsdisco für den letzten Abend aufzubauen. Trotz anfänglichen Gewitters lief bis in die frühen Morgenstunden Elektromusik zu der getanzt und gefeiert wurde. Entsprechend verschlafen versuchten dann auch am nächsten Morgen Teilnehmer und Freiwillige gemeinsam die Abreise vorzubereiten. Trotz Schlafmangels waren letzten Endes doch bei der Ankunft des Buses alle Zelte und persönlichen Gegenstände reisefertig verstaut. Es folgten die üblichen schmerzhaften Abschiedsszenen, denn so richtig wollte keiner wahrhaben, dass es eine Rückkehr in die Zivilisation und das Alltagsleben geben würde. Es wurden Kontakte ausgetauscht mit dem Versprechen frisch gewonnene Freundschaften zu pflegen und sich möglichst bald wieder zu treffen.


Sofort nach der Abreise der Teilnehmer ging es für die Freiwilligen daran, ihre Arbeit der ersten fünf Tage nach Möglichkeit soweit rückgängig zu machen, dass keine Spuren von ihr verblieben. Frustrierenderweise geht der Abbau immer wesentlich schneller als der Aufbau und schon zwei Tage nach der Abreise der Teilnehmer befanden sich alle Materialien wieder in der Garage im Osten von Minsk und die letzten Freiwilligen auf dem Weg nach hause um den fast schon vergessenen Luxus einer warmen Dusche zu genießen.

Bericht: Ruben Werchan


Das Projekt wurde mit finanzieller Unterstützung von JugendHilft (Children for a better World e.V.) durchgeführt.